Seltener Urwaldkäfer: Plattnasen-Holzrüssler in der Döberitzer Heide entdeckt

Seltener grüner Plattnasen-Holzrüssler sitzt auf einem Blatt© Jörg Müller
Plattnasen-Holzrüssler auf einem Blatt in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide© Jörg Müller

In diesem Sommer ist dem Biologen Dr. Jörg Müller in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide ein außerordentlicher Fund gelungen. Unter uralten Eichen bei Krampnitz hat er einen Plattnasen-Holzrüssler entdeckt, eine stark gefährdete Art aus der Familie der Rüsselkäfer.

Plattnasen-Holzrüssler braucht urwaldartige Eichenwälder
Der Plattnasen-Holzrüssler (Gasterocercus depressirostris) steht in Deutschland auf der Roten Liste in der Kategorie 2 und gilt als stark gefährdet. Als sogenannte Urwaldreliktart aus Auenwäldern kommt er nur in sehr alten naturnahen Eichenwäldern vor.

Dr. Jörg Müller von der Heinz Sielmann Stiftung erklärt, warum das so ist: „Die Plattnasen-Holzrüssler entwickeln sich in absterbendem Eichen. Weil uralte absterbende Eichen aber nur einmal sterben können und es danach irgendwo für die nachfolgenden Generationen wieder solche Exemplare geben muss, reicht eine absterbende Eiche nicht für ihr Überleben. Deshalb braucht dieser Rüsselkäfer urwaldartige Eichenbestände.“

Naturnahe Eichenbestände in der Döberitzer Heide
70 Prozent der Waldfläche in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide sind mit Eichen bewachsen, darunter viele Exemplare, die schon mehrere hundert Jahre alt sind. Die Heinz Sielmann Stiftung sorgt dafür, dass die uralten Eichen in der Döberitzer Heide ihren natürlichen Lebenszyklus vollenden können. Altersschwache Eichen bleiben stehen, bis sie aus natürlichen Gründen umstürzen.

So findet der Plattnasen-Holzrüssler ideale Bedingungen für sein Überleben. Unter die Rinde absterbender Stämme oder dickerer Äste legt der seltene Käfer seine Eier ab. Die daraus schlüpfenden Larven fressen anschließend kreisrunde, senkrechte Gänge in das weiche Material des morschen Holzes. Im Juni und Juli schlüpfen die Käfer.
Plattnasen-Holzrüssler werden bis 12 Millimeter lang, sind grau, braun und weiß gescheckt, haben Flügel und einen abgeplatteten Rüssel. Die Fähigkeit zu fliegen erweitert ihren Bewegungsradius. Sie fliegen sehr gern ans Licht, zum Beispiel an Außenlampen an Balkonen und sind dabei auf der Suche nach alten Eichen. In einem Eichenhain in der Döberitzer Heide hat der Biologe Jörg Müller den seltenen Rüsselkäfer in gleißender Sonne entdeckt.

Trockenstress erhöht das Nahrungsangebot
Der Plattnasen-Holzrüssler lebt bislang vorwiegend in wärmeren Regionen Deutschlands. In Brandenburg war er bislang äußerst selten zu finden. In den vergangenen fünf Jahren und insbesondere in 2023 ist jedoch eine deutliche Zunahme an Funden der Art innerhalb Deutschlands und auch in Berlin und Brandenburg zu verzeichnen. Es gibt Anzeichen dafür, dass der Rüsselkäfer vom Klimawandel und der Wärme profitiert. Denn wegen des Trockenstresses bei alten Eichen steigt das Nahrungsangebot in Form absterbender Alt-Bäume.

HINTERGRUND
Die Gebiete „Döberitzer Heide“ und „Ferbitzer Bruch“ auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz „Döberitz“ am westlichen Rand von Berlin stehen seit 1997 unter Naturschutz. Die abwechslungsreiche Landschaft beheimatet viele verschiedene Lebensraumtypen und genießt deshalb den Schutz eines Fauna-Flora-Habitats. Offene Sandflächen, Mager- und Trockenrasen, lichter Wald und sonnenbeschienene Waldränder ermöglichen eine große Artenvielfalt bei Tieren und Pflanzen. Auch ist Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide zugleich als Vogelschutzgebiet von internationaler Bedeutung, es gehört zu den so genannten Special Protected Areas (SPA) und Important Bird Areas (IBA).

 

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